Streifzug durch den Karst, wo Handwerk Geschmack wird

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Der Karst – eine felsige, raue und doch fruchtbare Hochebene über dem Golf von Triest, im Vordergrund die Wallfahrtskirche Monte Grisa.
Durch eine kleine Öffnung muss sich Dario Zidarič 70 Meter in die Karsthöhle abseilen, in die er seinen „Jamar“ zum Reifen hinbringt. „Nach vier Monaten im Keller liegt der Höhlenkäse bis zu fünf Monate in der feuchten Höhle bei konstant 12 Grad, setzt in dieser Zeit viel Schimmel an und nimmt ihren Geruch auf, wodurch er seinen einzigartigen Geschmack bekommt.“ Anschließend wird er getrocknet und gebürstet. Das Ergebnis ist ein würzig-aromatischer Hartkäse, der manchmal von Blauschimmel durchzogen ist. Eine Spezialität, die mittlerweile viele Liebhaber gefunden hat. „Am besten schmeckt er mit Honig aus dem Karst“, rät Sandra, seine Frau.
Tief in der Erde reift der „Jamar“, benannt nach dem slowenischen Wort für Höhle, der ganze Stolz von Dario Zidarič.
Bei der Führung durch die kleine Käserei erzählt sie, dass nur Rohmilch der eigenen Kühe verarbeitet wird. 80 Tiere der Rasse Frisona Italiana halten sie auf ihrem Hof in der Nähe von Prepotto. „Sie fressen frisches Gras, Kräuter und Heu aus dem Karst – und das schmeckt man auch.“ Am Tag werden rund 500 Liter Milch verarbeitet, davon zehn Prozent Käse, der Rest Jogurt und Topfen bzw. Ricotta. Neben dem Höhlenkäse werden weitere Hart- und Schnittkäse wie Tabor, Caciotta oder der Pfefferkäse „Mlet al Pepe“ produziert.
Sandra Zidaric führt uns durch die kleine Käserei bei Prepotto.
Glückliche Schweine
Wurzeln, Nüsse, Kräuter, Schnecken, Käfer … alles, was der Karst an Fressbarem hergibt, lassen sich die Schwarzen Karstschweine der Bajta Salež schmecken. Die Tiere werden nicht im Stall gehalten, sondern laufen Sommer wie Winter frei auf den Karstweiden herum. Das macht sie widerstandsfähig und gesund: „Die Qualität des Fleisches hängt davon ab, wie die Tiere leben. Bei uns genießen sie ein Leben in der freien Natur und das schmeckt man auch“, erzählt Francesca vom Agriturismo Bajta Salež. Der Bauernhof liegt in dem Dorf Sales oder Salež, wir sind ja hier in einem zweisprachigen Gebiet, wo der Wechsel von Italienisch auf Slowenisch fließend verläuft. Das Fleisch wird in der eigenen Landwirtschaft nach alter Tradition verarbeitet und wie früher im darunterliegenden Karstkeller zum Reifen aufgehängt. Prosciutto crudo, Lardo, Salame – um nur einige der Spezialitäten zu nennen, die man hier auf der Picknickwiese verkosten oder im Agrishop kaufen kann.
Was für ein Schweineleben: Familie Skerlj lässt ihre Tiere Freilauf, im Karst wühlen sie genüsslich nach Fressbarem
Zum Hof zählt auch ein Agristorante, wo typische Karstküche in urigem Ambiente serviert wird und so manches schöne Fleischstück auf dem Griller im Freien landet. Dazu wird hauseigener Wein serviert, den macht Familie Skerlj nämlich auch noch. Wer nun nicht mehr weiterfahren will, kann in einem der heimeligen Zimmer übernachten und die Stille des Karstes genießen.
Typische Karstjause und dazu ein Hauswein am Bauernhof in Sales.
Was für ein Blick
Ausgeruht wird am nächsten Tag die Gegend erkundet. Eines der aussichtsreichsten Ausflugsziele liegt nur wenige Minuten entfernt: der Santuario oder Tempio di Monte Grisa. Das imposante Bauwerk auf dem Berggipfel ist jedem, der schon mal an Triest vorbeigefahren ist, sicher aufgefallen. Die Wallfahrtskirche wurde in den Sechzigerjahren im Stil des Brutalismus erbaut und gefällt oder gefällt nicht. Was jedoch begeistert, ist die Aussicht auf Triest, Meer und Hafen, über dem der Monte d’Oro liegt.
Der Blick vom Monte Grisa auf Triest und den Golf ist atemberaubend.
Auf dem Weg dorthin kann man noch die Grotta Gigante in Sgonico besuchen. Die Riesengrotte hat es als größte Schauhöhle der Welt sogar ins „Guinnes-Buch der Rekorde“ geschafft. Man kann das ganze Jahr über an Führungen teilnehmen und bis in eine Tiefe von 100 Metern unter der Erdoberfläche vordringen. Wer Lust hat, kann auch mit der revitalisierten Straßenbahn von Opicina nach Triest hinunterfahren. Ein einmaliges Erlebnis und keine schlechte Idee für einen Besuch in der eleganten Stadt am Meer, wo nach der Schließung eines großen Parkplatzes ein richtiges Parkplatzchaos herrscht!
Fünf Kilometer geht es von Opicina mit der Tram nach Triest.
Öl und Wein
Am „Goldenen Berg“ befinden sich die Weinberge, Olivenhaine und das kleine, aber feine Weingut von Sancin. Hier begann Vitjan, der studierte Agrarwissenschaftler, in den Neunzigerjahren Weinreben anzupflanzen: alte autochtone Sorten wie Glera und Refosco, die sich perfekt dem rauen Karstklima mit permanentem Wind und Trockenheit anpassen. Anfangs nur als Hobby, jedoch immer mit dem Anspruch, höchste Qualität zu erzielen. Mit dem Einstieg seiner Söhnen Devan und Alen kamen junge Experimentierfreude und neue Techniken in den Betrieb. Mittlerweile gedeihen auch Malvasia, Cabernet und Merlot im Grenzgebiet zu Slowenien. Daraus werden sortenreine stille und perlende Weine sowie Cuvées wie Monte d’Oro, Mont Cru und Quindici gemacht. Vor kurzem wurde eine neue Kreation vorgestellt: BetonEgg, ein Malvasia, der in einem speziellen Weinfass aus Beton gereift ist. Sancin macht auch erstklassiges Olivenöl: Rund 7.000 Bäume stehen am nördlichsten Olivenhain Italiens. Die Früchte werden handgepflückt und in kürzester Zeit in der hauseigenen Ölmühle gepresst. Olio Celo, Bianchera, S-Plus oder Lemon Celo.
Vitjan und Devan Sancin sind Winzer und Ölbauern aus Leidenschaft, ihre Produkte zählen zu den besten des Landes.
Den Kofferraum vollgepackt mit Köstlichkeiten aus dem Karst treten wir die Heimreise an – und nehmen den Geschmack dieser einzigartigen Landschaft mit nach Österreich.
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